Dies ist mein erster Beitrag zu Peters Blogevent von Aus meinem Kochtopf. Geplant ist noch ein zweiter, vielleicht fällt mir ja sogar noch ein dritter ein. Will man hämisch sein, kann man sagen, „Einmal leben wie ein Hartz-IV-Empfänger“. Der Spruch hat leider nur in der allzu bekannten und von vielen gewünschten oder erträumten Variante mit einem „Millionär“ seine positive Konnotation. Bei Hartz-IV-Empfängern geht es jedoch um die nackte Existenz, wobei unser Staat zwar zum Glück eine Reißleine eingebaut hat, um den völligen Absturz in z.B. Obdachlosigkeit zu verhindern. Aber ich wünsche es niemandem, und ich selbst bin als Selbständiger einige Male wegen schlechter Auftragslage bisher auch nur leicht daran vorbeigeschrammt. Es ist beschwerlich genug, für den Bezug von Hartz IV vor dem Amt „völlig seine Hosen herunter zu lassen“ und alle Einnahmen und Zahlungsverpflichtungen offen zu legen. Und es ist keine leichte Arbeit, sich mit einigen hundert Euro im Monat zu ernähren, wenn es nicht jeden Tag das Spaghetti-Fertiggericht für 0,69 € vom ALDI sein soll. Ganz schwierig wird es dann, wenn noch Kinder zu verpflegen sind. Und Hartz-IV-Empfänger, die aufgrund der Misere, in der sie stecken, vielleicht auch noch in eine Depression verfallen und keine Motivation haben, sich um einen Job zu bemühen, kann ich sehr gut verstehen. Man kann sich in einer solchen Situation nicht wohl fühlen.
Peter bietet nun mit seinem Blogevent für die teilnehmenden Foodblogger, schmackhafte, frisch zubereitete Gerichte unter der 5-Euro-Grenze zu kreieren und zu kochen. Und hier zu präsentieren. Man sollte Peters Event eigentlich auch wünschen, dass er auch von Hartz-IV–Empfängern gefunden und gelesen wird. Und vielleicht auch Kommentare von den Betroffenen zu den Rezepten kommen. Die Kosten für die eingekauften oder schon vorhandenen Zutaten zu meinem Gericht habe ich in der Zutatenauflistung aufgeführt. In Klammern steht jeweils der – eventuell hochgerechnete – Kilopreis. Die Fotos zeigen eine komplette Portion für eine Person.
Mein früherer türkischer Lebensmittelhändler hat mir das Rezept vor Jahren einmal mitgeteilt. Das Gericht ist zum einen sehr preiswert und zum anderen – wenn man ein wenig Zeit für die Vorbereitung investiert – einfach zuzubereiten. Denn es handelt sich um den kocht-sich-von-alleine türkischen Eintopf. 🙂 Man schneidet das Gemüse in Scheiben, gibt Fleisch in einen Topf und schichtet dann Kartoffeln, Tomaten und Zwiebel darüber. Als Würze kommt etwas Tomatenmark und Baharat, Salz und Pfeffer darauf. Und ganz oben zum Schluss die Butter. Zugedeckt kommt es dann bei mittlerer Temperatur auf den Herd, wo sich Flüssigkeit von den Tomaten auf dem Topfboden sammelt und auch langsam die Butter schmilzt und nach unten tropft. Beides verhindert, dass das Fleisch anbrennt. Das Gargut schmurgelt dann 40 Minuten vor sich hin, es bildet sich – auch durch die Flüssigkeit der Tomaten – eine schöne Sauce und die Aromen verbinden sich wunderbar. Nach dem Garen kann man mit etwas Wasser ablöschen, damit die Sauce, die sich angesammelt hat, nicht durch das Tomatenmark zu dickflüssig ist. Und ein kräftiges Abschmecken mit Salz und ein wenig Pfeffer wird notwendig sein. Wegen dieser leichten Zubereitung, die keine Beaufsichtigung benötigt, ist das Gericht auch für vielbeschäftigte Hausfrauen und -männer sehr gut geeignet. Vorbereiten, auf den Herd stellen, sich um die Kinder und andere Dinge kümmern, servieren und genießen.
Zutaten für 2 Personen:
- 250 g Rindergulasch – 2,25 € (8,99 €)
- 550 g festkochende Kartoffeln (6 große) – 0,55 € (0,99 €)
- 400 g Strauchtomaten (4 Stück) – 1,– € (2,49 €)
- 275 g Zwiebeln (4 große) – 0,14 € (0,49 €)
- 30 g Tomatenmark – 0,07 € (2,45 €)
- große Prise Baharat (alternativ: Pul biber) – 0,11 € (54,14 €)
- Salz – 0,04 € (0,38 €)
- schwarzer Pfeffer – 0,08 € (35,80 €)
- 50 g Butter – 0,24 € (4,76 €)
- 150 ml Wasser
- Zusammen € 4,48
Zubereitungszeit: Vorbereitungszeit 15 Min. | Garzeit 40 Min.
Kartoffeln und Zwiebeln schälen. Kartoffeln, Tomaten, Zwiebel und auch die Butter in etwa 5 mm dicke Scheiben schneiden. Dann in einem großen Topf schichten: Gulasch, Kartoffeln, Tomaten, Zwiebel, dann Tomatenmark – möglichst am Rand des Topfes, damit es die entstehende Sauce bindet – obenauf leicht verteilen, die Gewürze – wer eher etwas Schärfe mag, verwendet anstelle von Baharat Pul biber – darüber verstreuen und die Butterscheiben darauf verteilen. Zugedeckt auf dem Herd bei mittlerer Temperatur 20 Minuten garen. Bedenken, das Fleisch könne am Topfboden anbrennen, braucht man keine zu haben. Auch wenn das Gulasch vielleicht recht kräftig angebraten wird, brennt es aufgrund der sehr schnell sich bildenden Sauce nicht an. Dann noch 20 Minuten bei geringer Temperatur weitergaren. Die Tomaten verkochen beim Garen fast vollständig und geben viel Flüssigkeit an die Sauce ab. Dann mit etwas Wasser ablöschen und mit der Sauce verrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Den Eintopf auf zwei tiefe Suppenteller verteilen und servieren. Da einige Cent noch übrig sind, sind auch noch zwei Petersilienblättchen zum Garnieren in der Zubereitung mit inbegriffen.
6 Gedanken zu „Türk güveç – türkischer Eintopf“
Hallo Thomas,
vielen Dank für Deinen Beitrag. Gefällt mir sehr gut.
Auch Deine Offenheit zum Thema Hartz IV.
Bin gespannt was Dir sonst noch einfällt, wobei zwei Beiträge wie immer das Maximum sind.
Mit leckerem Gruß, Peter
Hallo Thomas,
das Rezept könnte schon original sein, wenn – ja jetzt kommt das berühmte wenn und aber – wenn da nicht das Rindfleisch wäre. Wie oft habe ich gebtet, dass es Rindfleisch sei und nicht, wie üblich, ein Stück vom fetten alten Hammel.
Ich habe ja viele Jahre im Südosten der Türkei zugebracht, und diesen Eintopf gab es manchmal tagtelang Mittags und Abends. Seit der Zeit esse ich keinen Hammel mehr.
Toettchen
Moin, Toettchen, das Hammel- oder Lammfleisch habe ich wohlweislich wegen der hohen Kosten nicht genommen. Als erstes denkt man ja bei preiswertem Fleisch an Schweinefleisch, ein Kilo Schweinegulasch kostet etwa 5,99 €. Dann kommt der Gedanke, dass ich das Rezept von einem Türken habe und dann – natürlich never Schweinefleisch. Also bleibt nur Rindfleisch als Ausweg. Denn auf diese Art zubereitet hätte auch mein früherer Lebensmittelhändler den Eintopf gegessen.
Hast Du einen deutschen oder türkischen Namen für dieses Gericht? Das würde mich interessieren.
Hallo Thomas,
ich kann mich nur noch an den kurdischen Namen erinnern: pez baharati. Türkisch müsste es kuzu baharati sein. Nur kuzu ist ein relativ junges Schaf und kein „gereifter Hammel“.
Schönen Tag
Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie weit verbreitet diese Topf-Gerichte sind. Ich unterstelle mal, dass es sowas in der Art fast in jeder regionalen Küche gibt, letztendlich ähnlich wie bei den Maultaschen, Ravioli, DimSums, Wan Tans & Co.
So gibt es das auch mit den Topf-Gerichten. Ich erinnere mich an ein Rezept eines Irisch Stew, dass Kohl, Fleisch und Kartoffeln in einen Topf schichtete, Deckel drauf, Hitze drunter und abwarten. Vermutlich haben diese Gerichte ihren Ursprung schon sehr, sehr früh. Man erinnere sich an das Bild des riesigen Topfes über dem Feuer, in den das verfügbare reingeworfen und dann so lange gekocht wurde, bis es schmeckte. Aber genau hier ist auch der Ansatz für die preiswerten Gerichte zu finden. Das nehmen, was verfügbar ist.
Natürlich ist, wenn man heute in einen Supermarkt/Discounter geht, so allerlei verfügbar. So habe ich gerade gestern Erdbeeren rumliegen gesehen. Ich meine aber regional und natürlich verfügbar. Die Sachen sind im allgemeinen dann auch am günstigsten zu haben. Und man muss da ja auch nicht immer alles in einen Topf werfen. Schichtkohl (alles in enem Topf) hat schließlich fast die gleichen Hauptzutaten wie Boulette mit Kohlgemüse. Oder Königsberger Klops mit Krautsalat als Beilage.
Ich habe jetzt kein konkretes Rezept, aber doe Grundidee, saisonales Obst- und Gemüse zu verwenden, hilft Geld zu sparen. Und es müssen ja auch nicht immer die Filetsteaks sein. Es gibt so viele schöne, vergessene und meist preiswerte Stücke von Schwein und Rind, aus denen man mit ein bisschen Kochkunst so leckere Sachen zaubern kann.
Ja, wirklich interesannt, wie sich Zubereitungsarten in den verschiedenen Länderküchen wiederfinden.
Das Güvec-Gericht erinnert mich sehr an die nordafrikanische Tajine. Dort werden auch alle Zutaten zusammen in einen Topf geschichtet und im eigenen Saft gegart. Ganz langsam, so dass jeder Bissen nachher auf der Zunge zergeht.
Der Güvec-Eintopf schmeckt bestimmt auch gut im Tajine-Lehm-Topf geschmort.
Kocht-sich-von-alleine-Eintopf 🙂 Das trifft es gut!
Viele Grüße, Nadine