Ein Bekannter, gebürtiger Schweizer und als Journalist in Thailand tätig, ist Herausgeber eines Onlinemagazins für Fotografie. Er fragte mich, ob ich ihm einen Artikel über Fotografie und Essen zur Veröffentlichung in seinem Onlinemagazin zur Verfügung stellen könne. Ich bot ihm einen Artikel über „Foodfotografie“ für Blogger und Hobbyfotografen an. Ich pokerte damit recht hoch, dass ich als Hobbyfotograf einen Artikel zu diesem Thema schreiben könne. Da sein Onlinemagazin aber nur für „Geeks“ ist, die eher technisch interessiert sind, erübrigte sich dann der Artikel. Da ich mir aber schon weitergehende Gedanken zu diesem Thema gemacht hatte, möchte ich dies in diesem Beitrag veröffentlichen. Er behandelt das Thema „Foodfotografie“ für Foodblogger und Hobbyfotografen. Ich habe den Beitrag der Übersichtlichkeit halber in zwei Bereiche geteilt.
Technisches:
Foodfotos kann man auch mit einfachen Digitalkameras fotografieren. Es empfiehlt sich jedoch die Investition in eine – auch preiswerte – digitale Spiegelreflexkamera (DSLR). Vorteile sind zum einen, dass man damit neben dem üblichen Autofocus auch manuell auf das jeweilige Objekt scharf stellen kann. Und neben den üblichen Belichtungsautomatiken auch selektiv Belichtungszeit und/oder Verschlussblende manuell wählen kann. Zum anderen kann man Fotos nicht nur im JPG-Format speichern. Sondern auch im RAW-Format – dem Rohdatenformat des jeweiligen Kameraherstellers. Das RAW-Format bietet die Möglichkeit, einen manuell oder automatisch durchgeführten Weißabgleich im Dateiformat mitzuspeichern. Somit sind die Farbe „Weiß“ und die darauf aufbauenden Farben – die „Farbigkeit“ – nicht schon im vornherein festgelegt wie im JPG-Format, sondern werden erst beim Import der Dateien in eine Bildbearbeitungssoftware durch ein RAW-Plugin oder -Tool manuell festgelegt. Dies führt zu dem jeweiligen Foto und den entsprechenden Lichtverhältnissen angepassteren, brillanteren Farben.
Tagsüber – bei guten Lichtverhältnissen – kann man Foodfotos aus der Hand aufnehmen. Meistens hat man dabei kurze Belichtungszeiten, verbunden jedoch mit einer oft offenen Blende, was zu geringer Tiefenschärfe führt. Erschwert wird dies noch, wenn der Himmel stark bewölkt und wenig Sonnenlicht vorhanden ist. Vermeiden sollte man aber Aufnahmen mit dem Blitzgerät. Blitzlicht ist ein frontales Licht, das sehr stark auf das fotografierte Objekt fokusiert ist und Lichtreflexe und Farbverschiebungen hervorrufen kann. Außerdem führt es zu keinem weichen, milden Licht, sondern bewirkt starke Schlagschatten. Besser ist es hierbei, für bessere Lichtverhältnisse zu sorgen und auf den Blitz zu verzichten.
Ich bin eine Nachteule und koche und fotografiere abends und nachts bei schlechten Lichtverhältnissen oder Kunstlicht. Hier empfiehlt sich die Investition in ein preiswertes Minifotostudio für den Küchentisch, das sich schnell aufbauen und nach dem Fotografieren leicht wieder abbauen lässt. Hat man eine freie Arbeitsfläche auf einem Kühlschrank oder einer Geschirrspülmaschine, kann man es auch dauerhaft positionieren. Meistens enthält das Fotostudio auch Zusatzleuchten, die neben einer Deckenleuchte von oben auch von links und rechts das Motiv ausleuchten und Schatten wegnehmen. Das Minifotostudio hat oben, links und rechts jeweils weiße Stoffbahnen, die das durchscheinende Licht weich machen und streuen und nicht fokusiert wie ein Blitzlicht auf das Motiv lenken. Die einzuhängende Stoffbahn für sowohl Hintergrund als auch Boden vermeidet eine kräftige waagrechte Kante im Foto, wie man sie vom Übergang von Fußboden zu Wand kennt, und bildet einen fließenden Übergang. Und mit unterschiedlich farbigen, austauschbaren Stoffbahnen hat man eine Vielzahl von Möglichkeiten für den farbigen Hintergrund der Fotos. Ein Minifotostudio bietet sich natürlich nicht nur für Aufnahmen bei ungünstigen Lichtverhältnissen an, sondern auch bei Tag, denn in ihm lassen sich Gerichte sehr schön arrangieren und in Szene setzen.
Für Foodfotos empfiehlt es sich, ein Stativ zu verwenden. Es sollte stabil genug für eine DSLR sein und einen guten Schwerpunkt haben. Gerade bei kleineren Tischstativen kann es sonst im ungünstigsten Fall sein, dass unerwarteterweise die Kamera mit dem Stativ vornüber in das Essen kippt. Ein Stativ sollte auf alle Fälle einen Schnellverschluss haben. Diese ist die Platte mit kurzer Schraube, auf die die Kamera auf- und wieder abgeschraubt wird, jedoch bei einem Schnellverschluss zusammen mit der Kamera mit einem Hebel schnell vom Stativ abgelöst und wieder befestigt werden kann. Der Schnellverschluss verbleibt am Kameraboden und macht das aufwändige Auf- und wieder Abschrauben der Kamera unnötig. Ob man für das Fotografieren ein normales Stativ, das auf dem Fußboden steht und eine ausreichende Höhe haben muss, um Gerichte auf dem Küchentisch zu fotografieren, oder ein Tischstativ verwendet, ist Geschmacksache.
Manchmal möchte man Frontalaufnahmen auf dem Küchentisch aus sehr geringer Höhe machen, eventuell auf gleicher Höhe wie der Teller oder das Gericht an sich. Hierzu benötigt man ein sehr kurzes Tischstativ, das stabile Standbeine hat und einen guten Schwerpunkt. Meistens gibt es hierfür nur recht teuere, professionelle Lösungen. Aber es gibt einen Trick dazu. Man gehe in den Supermarkt und kaufe 2–3 Packungen getrocknete Erbsen. Zuhause legt man ein frisches Küchenhandtuch, das man nicht mehr benötigt, auf den Küchentisch und füllt eine große Menge Erbsen darauf. Die Enden des Küchentuchs hochziehen, eine große, pralle Kugel formen und die Zipfel mit Küchengarn sehr gut verschnüren. Schon hat man ein Notfall-Behelfs-Stativ, das auch für schwere DSLR geeignet ist. Und dies hat auch noch zwei Höhen zum Fotografieren, eine sehr geringe Höhe, wenn man die Kugel sehr platt drückt, und eine etwas größere Höhe, wenn man diese dann hochkant hinstellt.
Mit einem Stativ sind lange Belichtungszeiten von bis zu mehreren Sekunden möglich. Und somit kleine Blenden, was zu großer Tiefenschärfe führt. Ein Foto ist dann vom vorderen Bildrand bis zum hinteren Teil durchgängig scharf. Man kann natürlich auch eine große Blende wählen, um eine bewusste Unschärfe im Foto zu bewirken und ein bestimmtes Detail hervorzuheben. Für Foodfotografie lohnt sich auch die (zusätzliche) Anschaffung eines Nahobjektivs, denn die Standardbrennweiten von Normalobjektiven erlauben es nicht immer, sehr nah an ein in Szene gesetztes Gericht heranzugehen. Alternativ bieten sich Nahlinsen für Normalobjektive für Nahaufnahmen an.
In Szene setzen:
Jede Nudel muss tatsächlich an der richtigen Stelle liegen. Oder man muss sie dorthin legen. Die gängigsten Fehler sollte man vermeiden, wie den Teller mit dem Gericht zu überhäufen oder ein Bratengericht im Teller in Sauce zu ertränken. Lieber selektiv anrichten. Nur eine Roulade, ein Knödel – oder zwei Esslöffel Pasta – und höchstens ein Esslöffel Sauce. Die Zutaten maßvoll mit der Sauce übergießen oder diese an geeigneter Stelle auf dem Teller drapieren. Manchmal ist es vorteilhaft, für ein Foodfoto ein Gericht nicht auf dem üblichen Teller anzurichten und zu fotografieren, sondern beispielsweise für ein Pfannengericht in der schmiedeeisernen Pfanne direkt vom Herd oder für ein Gratin direkt noch heiß in der Auflaufform aus dem Backofen.
Am besten ist es generell, ein Gericht mit kleinen Zugaben zu arrangieren. Eine ganze Chilischote. Einige ganze Gewürze wie Pfefferkörner oder Pimentkörner. Ein Sternanis. Oder frische Kräuter wie die obersten Blätter bzw. der Trieb eines Petersilien- oder Basilikumzweiges, ein frisches Lorbeerblatt oder ein ganzer Rosmarinzweig. Ein mit mir bekannter, gelernter Koch sagte einmal: „Jeder Ochs’ sieht gern ’was Grünes!“ Diese Zugaben verschönern fast jedes Foodfoto, wenn sie passend zum Motiv und dem Gericht gewählt und ebenso passend platziert werden.
Hat man das Glück und nennt eine schöne, neue und attraktive (Neubau-)Küche sein eigen, kann man auch damit variieren. Denn man kann die Umgebung und das Ambiente von Speisen und Gerichten unterschiedlich einrichten. Unterschiedliche Untergründe wie Holz, Schiefer oder eine ansprechende Arbeitsflächenstruktur. Variation mit Textilien wie Tischdecke, Platzdecken oder geschmackvoll arrangierten Servietten – nebst schönen Serviettenringen. Ansprechende Küchengeräte oder -gegenstände, die man auf einem Foto mit abbilden kann. Oder auch geschmackvolle Zutaten eines Gerichts wie Gemüseprodukte oder auch Fleisch, die man ganz oder im Detail platzieren kann.
Ich kenne Hobbyfotografen, die zweimal ein Gericht zubereiten. Einmal zum Fotografieren und das zweite Mal danach zum Essen. Professionelle Foodfotografen tun dies sicherlich genauso, wenn sie denn überhaupt nach getaner Arbeit noch etwas von den zubereiteten Gerichten essen. Denn ersteres ist ja nur ihr Beruf.
Und hier schließe ich den Kreis vom Technischen zum Inszenieren, denn es bietet sich immer an, Speisen und Gerichte auf unterschiedlichste Weise und aus unterschiedlichsten Perspektive immer mehrmals aufzunehmen. Einmal ein Aufsichtsfoto aus größerer Entfernung. Eventuell arrangiert in einer geschmackvollen Umgebung und mit anderen Gegenständen oder Produkten. Dann Detailfotos von nur einem Stück Braten mit gerade einmal zwei Nudeln und einem Quentchen Sauce. Ein halber Teller mit einer schönen Tischdecke. Ein Viertel des tiefen Suppentellers mit dem leckeren Eintopf. Eine direkte Frontalaufnahme vom unscharfen Tellerrand übergehend zum Gericht, das sich nach hinten abfallend ebenfalls in Unschärfe verliert. Oder eine andere Variante eines Gerichts mit einem speziellen Ausschnitt und einer ungewohnten Perspektive.
Ein Gedanke zu „„Jede Nudel muss an der richtigen Stelle liegen““
Interessante Gedanken, die du da zusammengefasst hast. Wobei ich mich beim ersten Lesen der Überschrift gefragt habe, was macht ein Artikel über männliche Aktfotografie in einem Kochblog? 😉
Letztendlich spielt beim Foodografieren auch immer der eigene Anspruch eine wesentliche Rolle. Bei der geschickten Auswahl einer guten Kamera, das muss nicht unbedingt eine Spiegelreflex sein, kann man auch Freihand oder mit einem Einbein-Stativ recht gute Fotos machen. Solange genug natürliches Licht da ist, geht es auch mit einfachen Fotoapparaten, die Vorteile der besseren Fotografiertechnik á la Bridge- oder Spiegelreflex-Kamera spielen sich vor allem in ungenügenden Lichtverhältnissen oder besonderen Perspektiven u.ä. aus.
Wobei man auch immer im Hinterkopf behalten muss: Macht man die Bilder wirklich nur für den Foodblog, also fürs Internet, muss man nicht unbedingt auf die höchsten Pixelzahlen achten. Dann lieber weniger Pixel und dafür ein besseres Objektiv. Unter 5 oder 8 Megapixel würde ich aber auch nicht mehr gehen, ein bisschen Reserve für die nachträgliche Bildausschnittauswahl u.ä. erweist sich immer wieder als sinnvoll.